Der Konflikt im Nahen Osten lodert seit mehr als hundert Jahren, seit Juden unter dem Druck von Anfeindungen und Pogromen verstärkt nach Palästina auswanderten und dort mit den Arabern um ein Land kämpften, in dem sich beide verwurzelt fühlen. Es ist ein Kampf Recht gegen Recht, Heimat gegen Heimat. 1948 wurde Palästina geteilt, Israel gegründet. Fast ein Dutzend Kriege haben der jüdische Staat und seine arabischen Nachbarn seitdem ausge- fochten. Israel hat meist gesiegt, aber den Frieden nicht gewonnen.
Wer den Nahostkonflikt verstehen will, muss seine Geschichte entwirren. Unser Heft schildert den Konflikt von seinen Anfängen an – und in all seinen Dimensionen. Stets war das Ringen zwischen Juden und Arabern nur eine Ausein an der set zung unter vielen: Der Wettstreit zweier europäischer Kolonialmächte um das Erbe des Osmanischen Reichs, der Feldzug der Briten gegen Rommels Afri- kakorps, die Fronten des Kalten Krieges, der Kampf zwischen säkularen Herrschern und Islamisten, die Rivalität zwischen Sunni- ten und Schiiten, der war on terror der Vereinigten Staaten, die Bürgerkriege nach dem Arabischen Frühling – all dies hat den israelisch-palästinensischen Konflikt überlagert, ihn zuweilen in den Schatten gestellt, aber viel häufiger mit neuem Zündstoff versorgt. Und doch war sie da, die Chance zum Frieden, als sich vor 30 Jahren PLO-Chef Jassir Arafat und Israels Premier Izchak Rabin die Hand reichten.
Wie verknäult die Konflikte im Nahen Osten sind, zeigt sich heute am Aufstieg des Iran, der mit Saudi-Arabien um die Vorherrschaft am Persischen Golf ringt, aber auch für Israel zur größten Bedrohung geworden ist. Die Mullahs predigen den antizionistischen Kampf nicht nur, sie finanzieren und führen ihn längst, womöglich bald mit der Atombombe im Arsenal.
Während dieses Heft entstanden ist, ging Ende Januar nahe Isfahan, mitten im Iran, eine Militärfabrik in Flammen auf, angegriffen mutmaßlich von israelischen Drohnen. Steht der Nahe Osten kurz vor einem neuen Krieg? Fast gleichzeitig flammte nach dem Rechtsruck in der israelischen Regierung der Konflikt im Westjordanland wieder auf. Auf Militäreinsätze folgten Terror- und Raketenanschläge: Gewalt nährt Gewalt, die alte Logik des Schreckens. Im Nahen Osten sind religiöser Fanatismus, Feindschaft und Hass so tief ins Denken eingesenkt, dass es Fantasie braucht, um sich eine friedliche Nachbarschaft von Israelis und Palästinensern vorzustellen. Wahrscheinlicher ist, dass der Nahe Osten ein Brandherd bleiben wird, eine failed region, in der Konflikte bestenfalls gezähmt, aber auf absehbare Zeit nicht gelöst werden können.
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Jahr:
2023
Verlag:
Hamburg, Zeitverlag
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122 Seiten : Illustrationen
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Sachlit.Stadtbüchere